„Sicherheit und Gesundheitsschutz“ ist einer der Bereiche, in dem die EU ihren Einfluss weitestgehend geltend gemacht hat. Sie stützt sich dabei auf einen soliden Rechtsrahmen, der darauf ausgelegt ist, Schutz gegen möglichst viele Risiken bei möglichst wenigen Vorschriften zu gewährleisten.
Gemäß Grundsatz 10 der europäischen Säule sozialer Rechte haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Recht auf ein hohes Gesundheitsschutz- und Sicherheitsniveau bei der Arbeit sowie Recht auf ein Arbeitsumfeld, das ihren beruflichen Bedürfnissen entspricht und ihnen eine lange Teilnahme am Arbeitsmarkt ermöglicht.
Rechtsgrundlage
Artikel 153 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gibt der EU die Befugnis, Rechtsvorschriften (Richtlinien) im Bereich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz zu erlassen, um die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu unterstützen und zu ergänzen.
In der Richtlinie 89/391/EWG‚ der sogenannten Rahmenrichtlinie über den Arbeitsschutz, werden die wichtigsten Grundsätze für die Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer/innen am Arbeitsplatz festgelegt. In der Richtlinie sind die Mindestvorschriften im Bereich der Gesundheit und der Sicherheit in der gesamten Europäischen Union festgelegt, wobei es den Mitgliedstaaten erlaubt ist, striktere Maßnahmen einzuführen oder beizubehalten.
Die Rahmenrichtlinie wird durch weitere Richtlinien ergänzt, die sich auf bestimmte Aspekte der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz konzentrieren. Gemeinsam bilden sie die Grundlage der europäischen Rechtsvorschriften hinsichtlich Gesundheitsschutz und Sicherheit. Mehr zu den spezifischen Tätigkeitsbereichen Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz.
Überblick über die relevanten Rechtsvorschriften:
Überblick über die EU-Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
- Rahmenrichtlinie (Richtlinie 89/391/EWG)
- Anforderungen an den Arbeitsplatz (Richtlinie 89/654/EWG)
- Arbeitsmittel (Richtlinie 2009/104/EG)
- Persönliche Schutzausrüstung (PSA) (Richtlinie 89/656/EWG)
- Sicherheits- und/oder Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz (Richtlinie 92/58/EWG)
- Manuelle Handhabung von Lasten (Lendenwirbelsäule) (Richtlinie 90/269/EWG)
- Bildschirmgeräte (Richtlinie 90/270/EWG)
- Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (Richtlinie 98/24/EG)
- Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit (Richtlinie 2004/37/EG)
- Gefährdung durch Asbest bei der Arbeit (Richtlinie 2009/148/EG)
- Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (Richtlinie 2000/54/EG)
- Vermeidung von Verletzungen durch scharfe/spitze Instrumente im Krankenhaus- und Gesundheitssektor (Richtlinie 2010/32/EU)
- Gefahren in explosionsgefährdeter Umgebung (Richtlinie 1999/92/EG)
- Risiken, die durch von den Produkten erzeugte mechanische Schwingungen bedingt sind (Richtlinie 2002/44/EG)
- Durch Lärm verursachte Gefährdungen (Richtlinie 2003/10/EG)
- Gefährdung durch künstliche optische Strahlung (Richtlinie 2006/25/EG)
- Gefahren im Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern (Richtlinie 2013/35/EU)
- Zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen (Richtlinie 92/57/EWG)
- Medizinische Versorgung auf Schiffen (Richtlinie 92/29/EWG)
- Arbeit an Bord von Fischereifahrzeugen (Richtlinie 93/103/EG)
- Betriebe, in denen Mineralien gewonnen werden (Richtlinie 92/104/EWG)
- Betriebe, in denen durch Bohrungen Mineralien gewonnen werden (Richtlinie 92/91/EWG)
- Befristete oder Leiharbeitsverhältnisse (Richtlinie 91/383/EWG)
- Schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen (Richtlinie 92/85/EWG)
- Jugendarbeitsschutz (Richtlinie 94/33/EWG)
Evaluierung der Arbeitsschutzvorschriften (2007–2012)
Alle fünf Jahre muss die Kommission die praktische Umsetzung des Rechtsrahmens der Arbeitsschutzvorschriften evaluieren. Die erst Ex-post-Evaluierung bezog sich im Rahmen des laufenden EU-REFIT-Programms auf den Zeitraum 2007 bis 2012 und befasste sich mit der Umsetzung der Rahmenrichtlinie und 23 damit verbundenen Richtlinien.
In einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen wurden die wichtigsten Ergebnisse der Ex-post-Bewertung der Umsetzung der Arbeitsschutzvorschriften zusammengefasst. Daraus ergab sich, dass die EU-Rechtsvorschriften im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz im Allgemeinen wirksam und zweckmäßig sind, jedoch Herausforderungen im Hinblick auf die Leistung angegangen werden müssen.
Folgende externe Studien wurden auf der Grundlage der Bewertung der Arbeitsschutzvorschriften durchgeführt:
- Evaluation of the practical implementation of the EU occupational safety and health (OSH) directives in EU Member States – Hauptbericht (2017)
- Evaluation of the practical implementation of the EU occupational safety and health (OSH) directives in EU Member States – Zusammenfassung (2017)
- Evaluation of the practical implementation of the EU occupational safety and health (OSH) directives in EU Member States – zusammenfassender Bericht (2017)
- Evaluation of the practical implementation of the EU occupational safety and health (OSH) directives in EU Member States – Berichte über einzelne Richtlinien (2017)
- Evaluation of the practical implementation of the EU occupational safety and health (OSH) directives in EU Member States – zusammenfassende Berichte über einzelne Länder (2017)
Strategischer und politischer Rahmen
Um Arbeitnehmer/innen in der EU besser vor arbeitsbedingten Unfällen und Erkrankungen zu schützen, hat die Europäische Kommission verschiedene strategische und politische Dokumente veröffentlicht:
- Mit der im Januar 2017 angenommenen Mitteilung der Kommission „Sicherere und gesündere Arbeitsbedingungen für alle — Modernisierung der Rechtsvorschriften und Maßnahmen der EU im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz“ wurden wichtige Maßnahmen in Schwerpunktbereichen des Arbeitsschutzes vorgeschlagen.
- Im strategischen Rahmen der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2014–2020 werden die wichtigsten Herausforderungen und strategischen Ziele für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz ermittelt sowie Schlüsselmaßnahmen und die erforderlichen Instrumente vorgestellt.
- Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007–2012: Steigerung der Arbeitsplatzqualität und der Arbeitsproduktivität.
- Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2002–2006: Anpassung an den Wandel von Arbeitswelt und Gesellschaft.
Agenturen
Die Europäische Kommission arbeitet eng mit den nachstehend aufgeführten Agenturen zusammen, um Informationen zu verbreiten, Orientierungshilfen zu bieten und ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld zu fördern:
- Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA)
- Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound)
Ausschüsse
Ausschüsse von Sachverständigen, Vertretern und Vertreterinnen von Mitgliedstaaten oder Sozialpartnern tragen zur Entwicklung, Umsetzung und Überwachung der EU-Rechtsvorschriften zu Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz bei:
- Beratender Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (ACSH)
- Ausschuss Hoher Arbeitsaufsichtsbeamter (SLIC)
- Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA)
- Wissenschaftlicher Ausschuss für Grenzwerte berufsbedingter Exposition (SCOEL)
Daten und Statistik
Die folgenden Quellen liefern wichtige Daten und Statistiken zum Thema Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz:
- Eurostat –Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz
- Eurostat – Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme
- EU-OSHA – OSHwiki / Arbeitsschutzstatistiken
- EU-OSHA – europäische Unternehmensumfrage über neue und aufkommende Risiken (ESENER)
- EU-OSHA – wirtschaftliche Aspekte von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz
- EU-OSHA – europäische Meinungsumfragen zu Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
- Eurofound – Europäische Erhebung über die Arbeitsbedingungen (EWCS)
- Flash-Eurobarometer 398 – Arbeitsbedingungen